Prof. Frank Balle im Interview

TF uncovered - Teil 2

In unserer Reihe „Technische Fakultät uncovered“ stellen wir jede Woche eine Professorin oder einen Professor der Technischen Fakultät der Universität Freiburg vor. Die Professor*innen gewähren spannende Einblicke in ihre Tätigkeit als Wissenschaftler*innen und Lehrpersonen und verraten dabei sogar das eine oder andere Geheimnis über sich.

Dr.-Ing. Frank Balle ist Professor am Institut für Nachhaltige Technische Systeme (INATECH) und seit 2018 Inhaber der Walter-und-Ingeborg-Herrmann-Professur für Leistungsultraschall und Technische Funktionswerkstoffe (EFM).

 

  1. Was verbinden Sie mit nachhaltigen technischen Systemen?

Viele Systeme sind heutzutage noch weit weg von nachhaltig. Nachhaltige technische Systeme zählen daher zu den großen Herausforderungen unserer Zeit bzw. sind ein Schlüssel, die Herausforderungen zur nachhaltigen Ressourcennutzung zu meistern. Sowohl in der Forschung als auch in der Ausbildung möchte ich dazu beitragen, mehr Nachhaltigkeit in die Produkte und Systeme von heute und morgen zu bringen. Dabei geht es unter anderem um Fragen zu Materialinnovationen als Basis für Nachhaltigkeit im Bereich der Energiewende, der korrespondierenden Ressourcenknappheit bzw. -souveränität sowie um technische Lösungen zur Re- und Dekarbonisierung in der Technik.

Die zwingende Energiewende wird uns nur wirklich gelingen, wenn auch eine Materialwende vollzogen wird, da die Erzeugung, Wandlung und Speicherung von Energie nur mit nachhaltigen Materialien und deren Prozesstechnik möglich sein wird.

 

  1. Was ist Ihr Hauptforschungsgebiet und warum begeistert es Sie?

In der Forschung beschäftige ich mich aufgrund der vorhin genannten Motivation mit nachhaltigen Materialien und deren Prozesstechnik im Sinne einer zirkulären Wertschöpfung. In einer zirkulären Wertschöpfung – oftmals verwechselt mit der Kreislaufwirtschaft – sollen Ressourcen möglichst lange in hochwertigen Produktstufen oder Produktionsprozessen geführt werden, um deren Wert zu erhalten und mit ökonomischen Vorteilen Ressourcen und Zeit zu sparen, ohne auf Fortschritt verzichten zu müssen.

Konkreter beschäftige ich mich in der Forschung intensiv mit der Technologie des Leistungsultraschalls, welche meines Erachtens einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten kann. Mit Leitungsultraschall verbinden wir am INATECH ganz unterschiedliche, zum Teil exotische Materialien miteinander, können sie aber auch mit Ultraschall auf Knopfdruck separieren. Das begeistert mich, weil ich mich mit einer Technologie beschäftigen kann, mit der immer neue Pionieranwendungen möglich sind. Ich kann der Erste sein, der sich diesen Themen widmet und diese mit Studierenden und Doktoranden umsetzt. Separationstechnologien sind zudem ein Schlüssel zum „Circularity Engineering“ (www.circularity-engineering.de), also der Entwicklung von zirkulären und umweltverträglichen Produkten, Komponenten und Materialien – meinem neuen Forschungsschwerpunkt am INATECH.

 

  1. Was lernen die Studierenden bei Ihnen und welche Aspekte sind Ihnen besonders wichtig?

Die Studierenden lernen bei mir grundlegendes Wissen in den Ingenieurwissenschaften. Gleichzeitig steht die anwendungsorientierte Material- und Werkstofftechnik im Vordergrund. Der Bezug zu realen Systemen und Anwendungsbeispielen ist mir dabei sehr wichtig.

Unsere Studierenden sind die Entwickler*innen und Entscheider der Zukunft sowie die treibende Kraft von Innovationen und Transformationen. Sie sollten immer beteiligt sein an Neuem im Sinne der nachhaltigen Entwicklung. Damit fördern wir eine zirkuläre Denkweise – ein Circular Mindset – von Beginn an. Es liegt in den Händen der aktuellen Studierendengeneration, dass Produkte zukünftig nachhaltiger und zirkulär werden.

 

  1. Welchen Rat würden Sie Studierenden zu Beginn ihres Studiums geben?

Stelle dir immer die Frage: „Macht dir das Spaß?“ Die Frage ist meines Erachtens immer recht leicht mit ja oder nein zu beantworten. Warum das so ist, ist sicherlich schwieriger zu beantworten. Dinge, die einem Spaß machen, werden meiner Erfahrung nach mit Begeisterung und am Ende damit zumeist sehr gut gemacht.

Ein konkreter Rat lautet: Besuchen Sie das Studienseminar Sustainable Systems Engineering mit Freude, ein Pflichtmodul für all unsere SSE-Bachelor-Studierende. Dort kann jeder Teilnehmende herausfinden, was ihm oder ihr fachlich wirklich Spaß bereitet und sich darüber mit seinen Peers ein Semester lang austauschen.

 

  1. Wie sind die Berufsaussichten für Absolvent*innen?

Sustainable Systems Engineering ist ein breiter Studiengang, der später viele Möglichkeiten bietet. Unsere Absolvent*innen finden hervorragende Berufsaussichten in den unterschiedlichsten Branchen, von Energieherstellern über NGOs bis hin zu Materialherstellern oder in der Politik. Unsere „Nachhaltigkeitsingenieur*innen“ werden in der Industrie händeringend gesucht, denn Ingenieur*innen mit Nachhaltigkeitswissen und -denkweise gehören zukünftig in jedes Unternehmen mit Technologiebezug.

Ich möchte alle Studierende auch sehr herzlich zu unseren Sustainability Talks einladen. In dieser interdisziplinären Vortragsreihe – immer im Wintersemester – referieren herausragende Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft zum Thema Nachhaltigkeit. Studierende haben damit auch die Möglichkeit, spannende Unternehmen kennenzulernen, in denen sie als Absolvent*in einen Beitrag leisten können.

 
 

  1. Was ist Ihr Motto für Lehre und Forschung?

Ich würde weniger von einem Motto als vielmehr von einem Selbstverständnis sprechen, das wir am Lehrstuhl gemeinsam erarbeitet haben: Wir schaffen Wissen und geben es weiter, damit wir Menschen und Technologien voranbringen.

Das Schönste für mich in meiner Rolle als Hochschullehrer ist es, Menschen voranzubringen und zu sehen, welchen Beitrag ich dabei leisten durfte, z.B. wie sich Studierende vom Studienbeginn im Studienseminar bis hin zum Abschluss weiterentwickelt haben und vielleicht sogar über einen selbst hinauswachsen.

 

  1. Was gefällt Ihnen an der Technischen Fakultät am besten?

Ich schätze die Diversität der Professorenschaft. Wir haben alle einen verbindenden Spirit, mit dem wir die Herausforderungen unserer Zeit ingenieurwissenschaftlich lösen wollen und arbeiten an Innovationen, die hierzu einen Beitrag leisten.

Eine Besonderheit am Institut für Nachhaltige Technische Systeme gegenüber Universitäten, an denen ich zuvor tätig war, ist die enge und direkte institutionelle Zusammenarbeit mit den fünf Fraunhofer-Instituten hier in Freiburg. Diese einzigartige Kooperation in Deutschland bietet einen Mehrwert für die anwendungsorientierte Ausbildung und die Forschung. Sie ist ganz sicher mit ein Grund dafür, weshalb ich an die Universität Freiburg gekommen bin und mich so wohlfühle.

 

  1. Was sollten Studierende Ihrer Meinung nach über Sie wissen?

Der Kontakt zu den Studierenden ist mir sehr wichtig und ich freue mich über direktes Feedback. An der einen oder anderen Stelle bin ich bisweilen auch schon als streng wahrgenommen worden, da ich in den Vorlesungen um absolute Ruhe und Konzentration bitte bzw. diese einfordere.

Hintergrund hierfür ist mein Wunsch, dass die Studierenden ihre Zeit im Studium optimal nutzen und erfolgreiche Persönlichkeiten werden. In meinen Veranstaltungen wünsche ich mir, dass sie mich mit Fragen herausfordern – bevor ich später die Fragen stelle ;-)


 

Kontakt:

Prof. Dr. Frank Balle
Institut für Nachhaltige Technische Systeme (INATECH)
Walter-und-Ingeborg-Herrmann-Professur für Leistungsultraschall und Technische Funktionswerkstoffe
E-Mail: frank.balle@inatech.uni-freiburg.de

Kerstin Steiger-Merx
Referentin PR/Marketing
Technische Fakultät
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-8056
E-Mail: steiger-merx@tf.uni-freiburg.de