Mehr Strom auf gleicher Fläche

Passivierung steigert Effizienz von Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen

Eine spezielle Molekülbehandlung (Passivierung) kann den Wirkungsgrad von Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen auf 33,1 Prozent steigern und die Stabilität der Zellen erhöhen: Dies demonstrierten Wissenschaftler*innen der Universität Freiburg, des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE und der saudi-arabischen King Abdullah University of Science and Technology (KAUST). Dass die Forschenden Tandemsolarzellen nutzten, deren Basissolarzellen aus hochreinem Silizium (Siliziumwafer) auch in der Industrie verwendet werden, erleichtert es, die Studienergebnisse in die Praxis zu übertragen. Ein wichtiger Schritt in Richtung Industrialisierung von Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen. Die Ergebnisse sind im Fachmagazin Science erschienen.

2024 deckte Photovoltaik rund 14 Prozent des deutschen Strombedarfs – ein Plus von etwa zwei Prozent zum Vorjahr. Weltweit am häufigsten im Einsatz sind Siliziumsolarzellen, die theoretisch maximal 29,4 Prozent – in der Praxis eher um die 25 Prozent – des Sonnenlichts in Strom umwandeln. Dieses physikalische Limit hat die Photovoltaik-Industrie schon fast erreicht. Als nächste große technologische Innovation gelten Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen, die aus einer Perowskit-Oberzelle und einer Silizium-Unterzelle bestehen. Wissenschaftler*innen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, der Universität Freiburg und der King Abdullah University of Science and Technology (KAUST) war es möglich, die Perowskit-Oberzelle in Kombination mit den Silizium-Unterzellen zu passivieren:
Sie haben die Perowskit-Oberfläche gleichmäßig mit dem Molekül 1,3-Diaminopropane-Dihydroiodid (PDAI) beschichtet (Passivierung) wodurch sie den Wirkungsgrad der kleinformatigen Solarzellen auf bis zu 33,1 Prozent erhöhen konnten. Des Weiteren entdeckten sie, dass die Passivierung die gesamte Perowskit-Schicht beeinflusst. Bei Silizium hingegen beeinflusst die Oberflächenpassivierung nur die obersten atomaren Schichten. Für ihre Forschung nutzten die Wissenschaftler*innen Tandemsolarzellen, die auf hochreinen Siliziumwafern basieren, die auch in der Industrie eingesetzt werden. Das vereinfacht es, die Forschungsergebnisse in die Praxis zu übertragen. Das Fachmagazin Science hat die Studie am 4. September 2025 publiziert.


Entscheidende Schritte zur Industrialisierung

Für die großflächige Produktion dieser Tandemsolarzellen wäre es vorteilhaft, eine Standard-Siliziumsolarzelle für die Unterzelle zu verwenden, da deren Herstellungsprozesse bereits gut etabliert sind. Diese Solarzellen sind strukturiert, da dies ihre Oberfläche vergrößert und Effizienz steigert. Die Strukturierung erschwert allerdings das Aufragen der Perowskit-Oberzelle. Eine qualitativ hochwertige Oberflächen-Passivierung der Perowskit-Schicht auf der pyramidenförmigen Oberfläche des Siliziums war bisher noch nicht gelungen.

„Bislang wurde die effektive Passivierung auf volltexturierten Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen noch nicht vollständig genutzt, wobei frühere Erfolge weitgehend auf Solarzellen mit flachen Oberflächen beschränkt waren. Aber wir haben jetzt eine ausgezeichnete Passivierung erreicht, indem wir 1,3-Diaminopropan-Dihydroiodid auf die unebene Perowskit-Oberfläche abgeschieden haben“, sagte Dr. Oussama Er-Raji, Hauptautor des Papers und Postdoktorand am Institut für Nachhaltige Technische Systeme (INATECH) der Universität Freiburg und Fraunhofer ISE. Die passivierten Tandemsolarzellen erreichten einen Wirkungsgrad von bis zu 33,1 Prozent mit einer Leerlaufspannung von 2,01 Volt.

Die Wissenschaftler*innen beobachteten auch, dass die Passivierung der Perowskit-Oberzelle die Leitfähigkeit und damit den Füllfaktor der Zelle verbesserte. Sie bewiesen, dass diese Verbesserung auf einen tiefen Feldeffekt zurückzuführen ist, der aus der Passivierung resultiert. Bei Siliziumsolarzellen wirkt die Passivierung nur auf die oberen Schichten, während bei Perowskit-Solarzellen die Oberflächenbehandlung die gesamte Schicht beeinflusst und deren Effizienz steigert.

„Die Oberflächen-Passivierung von Solarzellen ist nicht nur ein nettes Zusatzfeature; sie ist ein wesentlicher Booster für deren Effizienz und Stabilität“, fügt Prof. Dr. Stefan Glunz, Professor für Photovoltaische Energiewandlung an der Universität Freiburg und Direktor der Photovoltaik-Abteilung am Fraunhofer ISE, hinzu. „Für die heutigen Siliziumsolarzellen war die Oberflächenpassivierung der Schlüssel zu hohen Wirkungsgraden in der industriellen Produktion, und es ist ermutigend, dass die PV-Industrie auch von diesen positiven Effekten für Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen profitieren wird.“

Dr. Juliane Borchert, Leiterin der Nachwuchsgruppe für Optoelektronische Dünnschicht Materialien am INATECH der Universität Freiburg und Leiterin der Gruppe Perowskit Materialen und Grenzflächen im Bereich Photovoltaik am Fraunhofer ISE, betont den interdisziplinären Charakter des Forschungsprojekts: „Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen sind komplexe neuartige Bauelemente, in denen viele chemische und physikalische Effekte zusammenwirken. Um sie zu verstehen und zu verbessern, ist es entscheidend, Fachwissen aus Physik, Materialwissenschaft, Chemie und Ingenieurwesen zu vereinen. Es war eine Freude, dieses internationale Team von Partnern zusammenzubringen und mit ihnen zusammenzuarbeiten, um die Technologie weiter voranzubringen.“

Die Ergebnisse des Forschungsteams basieren auf Arbeiten im Fraunhofer-Leuchtturmprojekt „MaNiTU“ sowie in den Projekten „PrEsto“ und „Perle“, die beide vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie BMWE gefördert werden. Die Forschungsarbeiten waren zudem Teil der von der Vector-Stiftung geförderten Nachwuchsgruppe für Optoelektronische Dünnschicht Materialien am Institut für Nachhaltige Technische Systeme (INATECH) der Universität Freiburg.


Weitere Informationen:

  • Originalpublikation: Er‑raji O., Messmer C., Pradhan R. R., Fischer O., Hnapovskyi V., Kosar S., Marengo M., List M., Faisst J. et al. (2025) Electron accumulation across the perovskite layer enhances tandem solar cells with textured silicon. Science. First Release: 4 September 2025. DOI: 10.1126/science.adx1745
  • Dr. Oussama Er-Raji ist Wissenschaftler am Institut für Nachhaltige Technische Systeme (INATECH) der Universität Freiburg und am Fraunhofer ISE.
  • Prof. Stefan W. Glunz ist Professor für Photovoltaische Energiewandlung am Institut für Nachhaltige Technische Systeme an der Universität Freiburg und Bereichsleiter Photovoltaik Forschung am Fraunhofer ISE. Zudem ist Glunz Mitglied des Exzellenzclusters livMatS – Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems und im Freiburger Zentrum für interaktive Werkstoffe und bioinspirierte Technologien (FIT).
  • Dr. Juliane Borchert leitet die Nachwuchsgruppe für Optoelektronische Dünnschicht Materialien am Institut für Nachhaltige Technische Systeme (INATECH) der Universität Freiburg und ist Leiterin der Gruppe Perowskit Materialien und Grenzflächen im Bereich Photovoltaik am Fraunhofer ISE. Borchert ist ebenfalls Mitglied im Freiburger Zentrum für interaktive Werkstoffe und bioinspirierte Technologien (FIT).


Link zur Originalpressemitteilung:
https://uni-freiburg.de/mehr-strom-auf-gleicher-flaeche-passivierung-steigert-effizienz-von-perowskit-silizium-tandemsolarzellen/


Kontakt:

Prof. Dr. Stefan Glunz
Professur für Photovoltaische Energiekonversion
Institut für Nachhaltige Technische Systeme (INATECH)
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Bereichsleiter Photovoltaik
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, Freiburg
E-Mail: stefan.glunz@ise.fraunhofer.de

Kerstin Steiger-Merx
Referentin PR/Marketing
Technische Fakultät
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-8056
E-Mail: steiger-merx@tf.uni-freiburg.de

18.09.2025